Kultur

Pink Floyd und “The Wall”: Rockshow wird 40 Jahre alt

Es ist der 13. Februar 1981, Tausende von Menschen stehen dicht gedrängt in der Westfalenhalle in Dortmund. Vor ihren Augen entfaltet sich an diesem Abend eine unvergleichbare Show. Lichterspektakel, riesige Marionetten auf der Bühne und eine 12 Meter hohe und 60 Meter lange Mauer, die im Laufe des Konzertes Stein für Stein errichtet wird und zum Konzert-Höhepunkt unter lautem Tosen in sich zusammenbricht. Die Pink Floyd-Rockshow “The Wall” war so aufwendig, dass sie monatelang im Voraus geplant werden musste und wegen der enormen Kosten weltweit nur an vier Orten aufgeführt wurde. Glück für die deutschen Fans: Neben Los Angeles, New York und London war auch Dortmund dabei. An acht aufeinanderfolgenden Tagen trat die Rockband in der ausverkauften Westfalenhalle mit “The Wall” auf.

Entfremdung zwischen Rockstar und Fans

Die Tournee sollte die letzte sein, die alle Bandmitglieder von Pink Floyd zusammen spielen würden. Schon länger kriselte es in der Band, die aus Richard Wright, Roger Waters, Nick Mason und David Gilmour bestand. Waters, der zunächst Bassist und dann auch Sänger war, beanspruchte die alleinige künstlerische Kontrolle.

Für das Konzeptalbum “The Wall”, das Pink Floyd 1979 veröffentlichte, hatte er die meisten Lieder geschrieben. Von ihm stammte die Story, das Konzept, der Großteil der Musik. Manchmal wird “The Wall” sogar als Waters erstes Solo-Album bezeichnet, obwohl er erst Jahre danach aus der Band austrat. Der Auslöser für das Album, das die Entfremdung des Rockstars zu seinem Publikum thematisiert, war ein Konzert, bei dem Waters einem Fan ins Gesicht spuckte.

Daraufhin entstand die Geschichte des Rocksängers Pink, die in “The Wall” Lied für Lied erzählt wird: Pinks Vater ist im Krieg gefallen (Another Brick in the Wall Part I), er wird durch seine Mutter vereinnahmt (Mother), von seiner Frau betrogen und verlassen (Don‘t leave me now). Um sich zu schützen, stellt sich der vereinsamte junge Mann in seinem Kopf eine Mauer vor. Traumata und Erinnerungen lassen die Mauer immer höher werden –  bis Pink an seiner Existenz verzweifelt – und im Drogensumpf versinkt. Er leidet unter Verfolgungswahn (Run Like Hell). Am Ende klagt er sich selbst vor Gericht an (The Trial) und wird verurteilt. Die Strafe: Die Mauer wird eingerissen (Outside The Wall). Ob Pink es schafft, sich ein neues Leben aufzubauen oder ob er sich in einem Teufelskreis befindet, bleibt am Ende offen. Der letzte Song bricht genau an der Stelle ab, mit der der erste Track In The Flesh beginnt.

Künstlerisches Projekt

Diese Geschichte wurde auf den insgesamt 31 Konzerten, die zwischen 1980 und 1981 gespielt wurden – darunter auch in Dortmund – nacherzählt. Noch heute, 40 Jahre später, gehört das Projekt zu den imposantesten Bühnenshows, die jemals gespielt wurden. Monatelang wurde das Spektakel vorbereitet. Die Kosten waren so hoch, dass die Band mit einem Minus aus der Tournee ging. Aber das war nicht wichtig: Im Vordergrund standen nicht die Einnahmen, sondern das künstlerische Projekt.

So kamen riesige, bis zu zehn Meter hohe Marionetten zum Einsatz. Auf die Mauer, die im Laufe des Konzertes aus Pappsteinen erbaut wurde, wurden Trickfilmszenen projiziert. Nachdem die Mauer errichtet worden war, spielte Pink Floyd zeitweise ganz hinter der Mauer, so dass das Publikum die Band nicht sehen konnte – ein bis dato unbekannter Coup auf der Bühne. Vor der Mauer spielte eine Ersatzband, die faschistoide Züge aufwies und das Publikum teilweise aufs Gröbste beschimpfte. Am Ende dann die Auflösung: Die Mauer wurde mit einer lauten Explosion eingerissen und Pink Floyd spielte den letzten Song, “Outside the Wall”, wieder vor dem Publikum.

Das Album “The Wall”, das sich hervorragend verkaufte, samt der dazugehörigen bombastischen Konzerte ging in die Musikgeschichte ein. Das liegt auch an der symbolischen Wirkkraft – noch heute ist die Metapher der Mauer aktuell: in Zeiten nämlich, in denen ein Virus uns von unseren Mitmenschen isoliert.

Legendäres Mauerfall-Konzert

Und auch mit einem bedeutenden Ereignis der deutschen Geschichte ist “The Wall” eng verflochten. Zwar trat der heute wegen seiner Israelkritik auch kritisch gesehene Roger Waters 1985 aus Pink Floyd aus und wollte – zum damaligen Zeitpunkt – nie wieder eine “The Wall”-Show spielen.Doch eine Ausnahme gab es: wenn die Mauer in Berlin fiele, könne man es sich überlegen, sagte er in einem Interview. Und so kam es: Am 21. Juli 1990 trat Waters – allerdings ohne seine Bandkollegen, sondern mit Ersatzmusikern – in Berlin auf, mitten auf der innerdeutschen Grenze.

Hier wurde vor 200.000 Zuschauern der Mauerfall symbolisch wiederholt, als die zuvor konstruierte Mauer in sich zusammenfiel. So wurde “The Wall” als ein Symbol der Wiedervereinigung interpretiert, obwohl die Songs mit dem Mauerfall nichts zu tun hatten. Und auch später trat Roger Waters, der die Rechte an “The Wall” hat, mit der Show auf, das letzte Mal zwischen 2010 und 2013. So ist die Rockshow des Jahrhunderts auch heute noch präsent, 40 Jahre nach dem umjubelten Auftritt in Dortmund.

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