Wirtschaft

Heckmeck um “Ruhetag”: Der Feiertag, der nicht Feiertag heißen darf

Am bezeichnendsten formulierte es Dienstagfrüh Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke: Auf die Frage, ob der für Gründonnerstag und Karsamstag beschlossene “Ruhetag” gleichbedeutend mit “gesetzlicher Feiertag” sei, antwortete Woidke im Deutschlandfunk: “Nicht ganz, aber so etwas ähnliches”. Der Begriff sei “definiert im Arbeitsschutzgesetz, glaube ich, irgendwo steht es drin, aber es war heute früh um halb drei, als wir angefangen haben, darüber zu diskutieren”. Genaueres müsse daher noch geklärt werden.

Viel weiter ist man auch einen Tag später noch nicht. Der einzige spektakuläre Beschluss am Ende einer Nacht von Nicht-Beschlüssen war offenbar so wenig durchdacht, dass es nun an der rechtlichen Umsetzung hapert. Denn das Ganze wirft eine Menge arbeitsrechtlicher Fragen auf. Haben wir wirklich alle frei? Wer muss trotzdem arbeiten und bekommt er dann Feiertagszuschläge und Ausgleichstage?

Juristische Tücken

Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach davon, dass die Ruhetage wie Sonn- und Feiertage behandelt werden sollen. Allerdings: Was an einem Feiertag gilt, ist gesetzlich klar geregelt. Doch um die beiden fraglichen Tage offiziell zu solchen zu erklären, müsste die Feiertagsgesetze für alle Bundesländer geändert werden. Das ist in der Kürze der Zeit wohl nicht umsetzbar.

Alternativ könnten die Regelungen über das Infektionsschutzgesetz begründet werden. Dort müsste dann festgehalten werden, was Ruhetag in diesem Fall genau bedeutet. Die genaue Umsetzung obliegt dann allerdings den Bundesländern, sodass es zu unterschiedlichen Regelungen kommen könnte.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte, der Bund wolle auf Grundlage des Infektionsschutzgesetzes eine Musterverordnung erarbeiten, die regelt, welche Geschäfte und Dienstleistungen an den beiden Tagen geschlossen bleiben müssen. “Ich würde mir vorstellen, dass das ein dem Feiertag entsprechender Ruhetag ist.”

Die niedersächsische Staatskanzlei schreibt in einer Mitteilung dazu: “Fünf Tage harter Lockdown über Ostern, Geschäfte sollen von Gründonnerstag bis einschließlich Ostermontag geschlossen werden. Der Lebensmittelhandel im engeren Sinne wird am Ostersamstag geöffnet. Unternehmen sollen nicht produzieren, zur Arbeit darf nur gehen, wer absolut systemrelevant ist.”

Die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sprach in einem Statement zudem von Ausnahmen für die Industrie: “Ich sage es jetzt mal auch in Richtung unserer Wirtschaft, unserer Industrie, da gibt es Bereiche, da kann man nicht einfach mal einen Tag aussetzen, weil einfach Öfen runtergefahren müssen und und und. Dafür wird es natürlich Ausnahmen geben, aber insgesamt wird es wirklich ein richtig harter Lockdown in diesen fünf Tagen sein.”

Viele Fragen offen

Juristen sehen noch viele offene Fragen. Sollten die Regelungen für Feiertage gelten, würde das in der Regel “ein Beschäftigungsverbot von 0 bis 24 Uhr“ bedeuten, sagte etwa die Fachanwältin für Arbeitsrecht, Kira Falter der Nachrichtenagentur DPA. Offen sei bislang unter anderem, wer bei zusätzlichen Feiertagen die Lohnfortzahlung übernehme.

Arbeitsrechtler Marc-Oliver Schulze erklärte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): “Wenn das so umgesetzt wird, und davon gehen wir aus, hätten Arbeitnehmer grundsätzlich einen oder sogar zwei weitere Tage arbeitsfrei. Diese Tage sind dann wie Sonn- oder Feiertage zu betrachten. Wie auch sonst sieht das Arbeitszeitgesetz Ausnahmeregelungen für die gesetzlichen Ruhetage, also Sonntage und Feiertage, vor oder es können Sondergenehmigungen beantragt werden.“

Ein Problem sei, dass in mitbestimmten Betrieben möglicherweise die gesamten Schichtpläne umgestellt werden müssen. “Ich brauche also eine Einigung mit dem Betriebsrat. Habe ich die nicht, muss ich zur Einigungsstelle gehen. Da hat sich keiner Gedanken gemacht, was das für einen Rattenschwanz an arbeitsrechtlichen Problematiken nach sich zieht“, so Schulze.

Grundsätzlich gelte der arbeitsfreie Tag zudem auch für Menschen, die im Homeoffice arbeiten, sagt Schulze: “Ruhetag bleibt Ruhetag. Also auch Arbeitnehmer, die ansonsten im Homeoffice gearbeitet hätten, können sich auf einen zusätzlichen arbeitsfreien Tag freuen!” Bezahlen müsse den der Arbeitgeber. “Denn an Ruhetagen darf nicht gearbeitet werden und das Arbeitseinkommen ist weiter zu zahlen”, sagt Marc-Oliver Schulze. “Sie dürfen also gar nicht arbeiten, selbst wenn sie das wollen – das hat man bei dem Beschluss offenbar nicht zu Ende gedacht.”

QUELLE

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