Politik

Sonderbefugnisse der Regierung in »epidemischer Lage« um weitere drei Monate verlängert

Nahezu jeder vierte Mensch vollständig gegen das Coronavirus geimpft, die Sieben-Tage-Inzidenz liegt laut Robert Koch-Institut bundesweit bei 18,6. Die Bundesregierung wird dennoch weiterhin Sonderbefugnisse im Rahmen der »epidemische Lage von nationaler Tragweite« erhalten. Das hat der Bundestag beschlossen. Demnach werden die Rechte um weitere drei Monate bis Ende September verlängert.

Laut Infektionsschutzgesetz kann der Bundestag eine solche »epidemische Lage« feststellen und wieder aufheben. Die festgestellte Lage gibt dem Bund das Recht, direkt ohne Zustimmung des Bundesrates Verordnungen zu erlassen, etwa zu Tests, Impfungen, zum Arbeitsschutz oder zur Einreise. Üblicherweise brauchen Verordnungen der Regierung die Freigabe der Länderkammer, anders als Gesetze aber keine Zustimmung des Bundestags.

Die Fraktionen von CDU/CSU und SPD stimmten für die Verlängerung, Abgeordneten von FDP und AfD sowie der Linken wandten sich dagegen. Die Grünen stimmten trotz Kritik zu.

Der Bundestag hatte die »epidemische Lage von nationaler Tragweite« erstmals am 25. März 2020 festgestellt. Eine »epidemische Lage« liegt vor, »wenn eine ernsthafte Gefahr für die öffentliche Gesundheit in der gesamten Bundesrepublik Deutschland besteht«, heißt es im Infektionsschutzgesetz. Zuletzt war sie Anfang März verlängert worden. Sie endet automatisch, wenn der Bundestag sie nicht nach Ablauf von drei Monaten – wie jetzt geschehen – erneut verlängert. Im September soll es vor der Bundestagswahl noch eine Bundestagssitzung geben. Beraten werden soll über das erwartete Ende der Pandemie-Notlage, wie es in Fraktionskreisen hieß.

»Im Wettlauf mit dem Impfen«

Union und SPD waren sich bereits vergangene Woche einig, die »epidemische Lage« erneut zu verlängern. Von SPD-Seite hieß es, eine Verlängerung bis Jahresende sei aber nicht geplant. Zuvor hatte auch Regierungssprecher Steffen Seibert erklärt, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) es für sinnvoll halte, dass die »epidemische Lage von nationaler Tragweite« verlängert werde.

Am Donnerstag hatte Merkel nach einem Treffen mit den Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten gewarnt: Zwar hätten sich die Anstrengungen der vergangenen Monate gelohnt, doch »Corona ist damit nicht verschwunden.« Insbesondere die sogenannte Delta-Variante, die zuerst in Indien aufgetreten ist, bereite ihr Sorgen. »Wir sind im Grunde in einem Wettlauf mit dem Impfen. Jeder Tag, den wir eine geringe Nachweisbarkeit dieser Variante haben, ist ein guter Tag.« Den Sommer über sollte man »nicht sorglos sein, sondern die Lage immer wieder sehr, sehr genau beobachten«, betonte Merkel.

Parallel zu den Sonderbefugnissen gilt in Deutschland auch noch die Bundesnotbremse. Diese war nachträglich ins Infektionsschutzgesetz geschrieben worden und soll am 30. Juni auslaufen. Bei der Notbremse handelt es sich um konkrete, bundeseinheitliche Maßnahmen, die auf Kreisebene ergriffen werden müssen, wenn die Corona-Ansteckungszahlen bestimmte Werte überschreiten, wie Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen, Vorgaben für Schulen, Handel und Freizeit. Sie hat mit der Verlängerung der »epidemischen Lage« nichts zu tun.

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