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Mit dem Internet Explorer unterwarf Microsoft das Internet. Jetzt ist die letzte Schlacht verloren

Er ist eines der letzten Relikte aus einer Ära, in der Microsoft das Internet beherrschte: Der Internet Explorer wurde von vielen Nutzern mit Passion gehasst, ganz an ihm vorbei kam aber keiner. Selbst Microsoft schaffte es jahrelang nicht, ihn ganz in der Mottenkiste verschwinden zu lassen. Doch das ändert sich nun: Der IE hat endgültig ein Ablaufdatum erhalten.

Am 15. Juni nächsten Jahres ist es soweit. Wer dann nicht eine der besonders lang unterstützte Unternehmensversion von Windows nutzt, kann den Internet Explorer nicht mehr benutzen, kündigte der Konzern gerade in einem Blogpost an. Das Ende kommt härter als gedacht: Der IE erhält dann nicht nur keine Updates mehr. Stattdessen wird der Browser komplett deaktiviert und leitet beim Öffnen zu seinem Nachfolger Edge um. Die Ära des Internet Explorers ist somit endgültig zu Ende.

Verpasste Chancen

Wäre es nach Microsoft gegangen, wäre das wohl schon deutlich früher der Fall gewesen. Als der Konzern im Sommer 2015 sein aktuelles System Windows 10 veröffentlichte, enthielt das mit Edge einen neueren, stark überarbeiteten Browser. Nach den eher durchwachsenen letzten Jahren des Internet Explorers wollte der Konzern reinen Tisch machen und es mit einem moderneren Programm mit dem neuen Platzhirsch Google Chrome aufnehmen.

Doch Edge kam nie in die Gänge. Statt mit dem neuen Browser Marktanteile zu gewinnen, gingen sie immer nur weiter nach unten. Vier lange Jahre brauchte Edge, um den Internet Explorer bei den Nutzern zu überholen, erst im August 2019 war es soweit. Und auch da lag es nicht am Erfolg des neuen Browsers. Sondern daran, dass der IE immer weiter abgeschmiert war: Beide lagen nur noch knapp über zwei Prozent Marktanteil. Seitdem hat Edge nur noch auf Kosten des IE zugelegt, zusammen kommen sie nach wie vor auf knapp 4 Prozent der Nutzer.

Ein Browser sie zu beherrschen

Das wäre für Microsoft vor wenigen Jahren undenkbar gewesen. Noch 2009 erschien der 1995 vorgestellte Internet Explorer geradezu als unbesiegbar. Fast zwei Drittel der Internet-Nutzer griffen über das vorinstallierte Programm aufs Netz zu, fast dreimal so viele wie der zweitplatzierte Mozilla Firefox. Doch dann kam der immer rasantere Abstieg. Und das Ende von Microsofts Herrschaft über das Internet.

Das war durch den Konzern spürbar geprägt worden. Und zwar mehr, als es den Anschein hatte. Als Microsoft den Browser 1995 vorstellte, steckte das Netz noch in den Kinderschuhen. Anders als der damals einzige nennenswerte Konkurrent Netscape Navigator musste der Internet Explorer nicht extra installiert werden. Die meisten neuen Nutzer begannen also, das Netz durch Microsofts Brille zum ersten Mal zu sehen, zum Höhepunkt lag der Marktanteil 2003 bei 95 Prozent.

Das machte sich der Konzern gnadenlos zunutze. Wollte eine Webseite korrekt angezeigt werden, musste sie sich den teils etwas kruden Standards des Internet Explorer unterwerfen. Die Entwicklung von Konkurrenten wurde dadurch erheblich erschwert. Weil viele Seiten darauf hinwiesen, nur im IE korrekt zu funktionieren, verzichteten viele Nutzer lieber ganz auf den Wechsel auf langsam aufkommende Alternativen wie den Mozilla Firefox oder Opera.

Den Wandel verschlafen

Doch trotzdem verlor Microsoft langsam an Boden. Die Konkurrenten waren schneller, punkteten mit smarten Zusatzfunktionen. Zudem wurde Version 7 des Internet Explorers zum echten Image-Problem: Gerade als die Gefahren im Internet zunahmen, wirkte er mit seinen unzähligen Sicherheitslücken wie ein Stück Schweizer Käse. Dazu war er auch noch langsamer als die Konkurrenz.

Vor allem verschlief Microsoft aber die nächste Stufe des Internets nahezu vollständig: Das Microsoft die Ära des Smartphones verpasste, hatte sogar Gründer Bill Gates schon als sein größtes Versagen bezeichnet. Denn mit dem Aufstieg von iPhone und Android kamen auch neue Browser. Und wer sich an Google Chrome oder Safari gewohnt hatte, wollte selten den IE benutzen.

Absturz in die Bedeutungslosigkeit

Das ist auch an den Nutzungszahlen zu beobachten. Nur drei Jahre nach dem Marktstart im Sommer 2007 fiel der IE im Herbst 2010 zum ersten Mal unter 50 Prozent Marktanteil, während Chrome erst langsam Schwung aufnahm. Noch einmal 18 Monate später trafen sich die beiden bei knapp 30 Prozent – und das Ende von Microsofts Vorherrschaft war besiegelt. Heute nutzen etwa zwei Drittel der Internet-Nutzer weltweit den Google-Browser.

Seit Ende des letzten Jahres hat Microsoft die Krone des Browser-Königs auch ganz offiziell an den Konkurrenten übergeben: Die jüngste Version von Edge läuft auf Basis von Chromium – dem Motor des Chrome-Browsers. Der ist mittlerweile dermaßen zum Standard geworden, dass selbst der letzte Geist des Internet Explorers, der Explorer-Mode von Edge, nun darauf basiert. Deutlicher kann man einen Wettbewerb kaum verlieren.

QUELLE

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