Wirtschaft

Früher Flugbegleiterin, jetzt DHL-Fahrerin: Sophia, 32, über ihr “unerwartetes Job-Jahr”

Die Corona-Krise hat meine Pläne ganz schön durcheinander gewirbelt und mir ein eher unerwartetes Job-Jahr beschert. Ich bin gelernte Hotelfachfrau und habe lange in der Gastronomie gearbeitet. Ab dem Sommer 2010 bin ich acht Jahre lang als Stewardess mit Air Berlin geflogen. Fünf Monate vor Ausbruch der Corona-Pandemie habe ich als Flugbegleiterin bei Air Hamburg angefangen. Das ist eine private Airline, die wohlhabende Personen buchen, wenn sie nach Nizza, Genf oder auf die Malediven jetten wollen. Spannend, was man da alles erlebt. Wegen der Corona-Krise war der Job dann leider noch in der Probezeit beendet.

Ich war seit Anbeginn meiner Ausbildung noch keinen einzigen Tag in meinem bisherigen Leben arbeitslos und finde die Vorstellung schon ganz schrecklich. Bei einem Jobportal habe ich dann entdeckt, dass DHL Aushilfen sucht, und das zu keinem so schlechten Kurs. Da habe ich mich kurz entschlossen gemeldet und auf 450 Euro-Basis angefangen. Allein das Gefühl gebraucht zu werden, hat mir schon echt geholfen, durch den ersten Lockdown zu kommen.

Nächster Lockdown – nächste Branche dicht

Zum Juni 2020 fing ich dann im Ahoi-Restaurant von Steffen Henssler an, allerdings in Travemünde; da ging es schon viel früher wieder los. Die Fahrerei jeden Tag gefühlte drei Stunden über die Autobahn habe ich in Kauf genommen. Unterm Strich war es natürlich immer noch besser als Arbeitslosengeld zu beziehen. Zum August konnte ich dann glücklicherweise in das Hamburger Ahoi wechseln.

Nun kam aber Lockdown Nummer Zwei. Ab November mussten alle wieder in Kurzarbeit. Ich hatte glücklicherweise immer noch meinen Nebenjob bei DHL, den hatte ich behalten. Ende Oktober rief ich meinen Chef an und fragte ob er mich wieder mehr einsetzen könnte… und zack war ich schon wieder da. Seit November fahre ich jetzt vier bis fünf Tage die Woche Pakete aus. Und es macht mir tatsächlich auch Spaß.

Ich habe einen echt schönen Bezirk in Hamburg-Bergedorf, mit wundervollen Villen und Häusern sowie teilweise auch bezaubernden Menschen. Von einem Stammkunden auf der Tour bekomme ich regelmäßig Kaffee gemacht – wofür ich mich erst neulich mit einem Käsekuchen bedankt habe. Was ich echt top finde: dass es so ein Morgenjob ist. Ich fange um 5:45 Uhr an und habe um 14 Uhr Feierabend. Auch Sonn- und Feiertage sind frei. Die Arbeitszeiten sind damit definitiv beziehungs- und familienfreundlicher als bei meinen früheren Jobs.

Verrückte Airline-Geschichten

Bei Air Hamburg war ich immer zweimal á sieben Tage und einmal vier Tage am Stück im Einsatz und hatte dann zwölf Tage frei, das war natürlich ein ganz anderes Leben. Manchmal waren die Piloten und ich tagelang einfach nur an irgendeinem exotischen Ort in Bereitschaft. Oder wir sind mit einer leeren Maschine auf die Malediven geflogen, um dort drei Passagiere abzuholen.

In den paar Monaten bei der Charter-Airline habe ich schon irre Storys erlebt. Mal haben wir wohlhabende Russen, die in St. Moritz feiern wollten, geflogen. Ein anderes Mal haben wir Scheichs geflogen, die auch gern mal gutes Trinkgeld gaben. Ewig hätte ich das aber ohnehin nicht gemacht, auch wegen der Arbeitszeiten. Wenn Corona nicht gekommen wäre, hätte ich das vielleicht ein, zwei Jahre gemacht, weil man rumkommt und viel erlebt.

Restaurant am Meer

Der DHL-Job ist dagegen komplett bodenständig und solide. Sobald die Pandemie-Lage es zulässt, werde ich aber wieder in der Gastronomie einsteigen, weil das meine Leidenschaft ist. Ich werde als Restaurantleiterin für’s Ahoi in Scharbeutz anfangen, das wird natürlich spannend und herausfordernd, allein durch die vielen Holpersteine, die die Pandemie mit sich bringt.

Wir wollten eigentlich zum Mai aufmachen, das wird wohl knapp. Aber irgendwann in diesem Jahr wird es hoffentlich wieder losgehen. Ich freue mich schon auf den Trubel im Restaurant und den täglichen Kontakt mit den Gästen. Und ich freue mich darauf, jeden Tag von unserem Laden an der Promenade aus das Meer zu sehen.

QUELLE

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