Gesellschaft

Der Graben zwischen den Enkeln scheint tief zu sein

Zum Auftakt der parlamentarischen Gedenkstunde für den verstorbenen Prinz Philip sagte der britische Premierminister Boris Johnson, dass der Geehrte von der Debatte „vermutlich peinlich berührt, wenn nicht genervt“ gewesen wäre. Das hinderte die Abgeordneten nicht daran, in den nachfolgenden Stunden ihre Würdigungen wie geplant zu Protokoll zu geben. Rebellische Konservative hoben Philips Lust an politischer Unkorrektheit hervor, brave Labour-Abgeordnete Philips Sinn für Pflichterfüllung. Schottische Nationalisten sahen den Ehemann der Queen als Liebhaber ihrer Landschaft und Frauenrechtlerinnen als frühen Feministen.

Der Gedenkmarathon im Unterhaus war nur ein Beispiel für die außerordentliche Anteilnahme, mit der die Briten den Tod des „Duke“ begleiten, wie der Herzog von Edinburgh oft verkürzt genannt wurde. Die meisten Zeitungen stellten die Reaktionen auf seinen Tod auch am vierten Tag in Folge auf die Titelseite. Im Mittelpunkt standen am Dienstag die Stellungnahmen der beiden Enkel. Hervorgehoben wurde dabei weniger, was Prinz William und Prinz Harry über ihren Großvater zu sagen hatten, als die Tatsache, dass sie sich in getrennten Erklärungen zu Wort gemeldet hatten. Hofbeobachter deuteten das als Gradmesser für die Tiefe des Grabens, der die Prinzen mittlerweile trenne. Bis zum Samstag und vor allem während der Trauerfeier selbst dürften nun die Regungen und das Mienenspiel der beiden Brüder nach allen Regeln der Kunst ausgeleuchtet werden.

Das Verhältnis der beiden gilt als angeschlagen. Seit dem Interview mit Oprah Winfrey im amerikanischen Fernsehen steht die Beschuldigung im Raum, dass die Royals die Herzogin von Sussex nicht nur unsensibel behandelten, sondern ein namentlich nicht genanntes Familienmitglied mit rassistischen Untertönen die Hautfarbe ihres Sohnes Archie problematisierte. Prinz Philip, der das Interview im Krankenhaus verfolgt hatte, soll es als „Idiotie“ bezeichnet haben. „Nichts Gutes kann daraus entstehen“, sagte er laut einem Eingeweihten. Die Herzogin von Sussex wird nicht zu den 30 Gästen gehören, die am Samstag unter Corona-Auflagen Abschied von Philip nehmen wollen. Offiziell heißt es, Ärzte hätten der Schwangeren von einem Interkontinentalflug abgeraten. Nicht unternommen wurde bislang der Versuch, den Reiseverzicht der Herzogin zum heroischen Beitrag für den Klimaschutz zu erklären.

In dieser Disziplin war der Prinz allerdings auch unschlagbar. Nicht nur soll der persönlich von ihm entworfene Leichenwagen auf dem Chassis eines Land Rover Defender mit Elektromotor betrieben werden – sein Sarg wurde aus einer biologisch abbaubaren Spezialwolle gewebt. Laut „Sun“ lobte Philips Sohn Charles das umweltfreundliche Produkt schon vor elf Jahren auf einer Gartenparty, zu der auch der Sarghersteller aus Leeds geladen war. „Wollene Särge“, sagte er demnach, seien Särge, „für die man sterben möchte“.

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