Bouffier macht Bund für mangelnde Akzeptanz des AstraZeneca-Impfstoffs mitverantwortlich
Die Daten für den Corona-Impffortschritt in Deutschland sind verheerend: Täglich bleiben Tausende Impfdosen des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca ungenutzt. Hintergrund ist offenbar, dass viele Menschen in Deutschland Vorbehalte gegen den Impfstoff haben – und sich lieber andere Präparate verabreichen lassen wollen.
Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) sieht die Verantwortung für diese Haltung auch beim Bund und der Ständigen Impfkommission (Stiko). Er bedauere, dass die Kommunikation insbesondere auch der zuständigen Stellen beim Bund über die Wirksamkeit des Impfstoffs zu kurz geraten sei, sagt Bouffier bei einer Pressekonferenz.
Man hätte von Anfang an sagen sollen, was die Fachleute jetzt sagten, so der Ministerpräsident: »Das ist ein sehr guter Schutz«, sagte Bouffier. Die Vakzine von AstraZeneca sorge in jedem Fall dafür, dass Infektionen milder verliefen.
Die Entscheidung der Stiko, den Impfstoff zunächst nur für Menschen unter 65 Jahren zuzulassen, sei von vielen Bürgern so verstanden worden, dass er nicht richtig wirke. Tatsächlich habe dies aber mit mangelnden Daten zu tun gehabt. »Mein Appell: Wo immer möglich, lassen Sie sich impfen!«
Bouffier klagte zudem darüber, dass die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe nicht der von Grippevakzinen gegenübergestellt worden sei. Bei den Grippe-Impfstoffen betrage die Wirksamkeit meist nur 30 bis 40 Prozent. Wenn man dies mit dem Mittel von AstraZeneca vergleiche, seien die Ergebnisse gut.
Analysen aus Schottland deuten auf hohe Wirksamkeit hin
Erste Ergebnisse deuten auf eine hohe Wirksamkeit hin. In Schottland zeigen neue Analysen von Universitäten und der Gesundheitsbehörde, dass schon die erste von zwei Impfungen mit dem AstraZeneca-Präparat nach vier Wochen das Risiko einer Krankenhauseinweisung wegen Covid-19 um bis zu 94 Prozent reduziert. Beim Impfstoff von Biontech und Pfizer waren es 85 Prozent.
Um die nicht verwendeten Dosen in Deutschland zu nutzen, haben Bund und Länder beschlossen, Beschäftigte in Grundschulen und Kitas schneller zu impfen als ursprünglich geplant. Diese Menschen werden dafür in der Impfreihenfolge vorgezogen.
Vierstufiger Öffnungsplan für Hessen
Bouffier stellte für die hessische Bevölkerung Lockerungen der Corona-Maßnahmen im März in Aussicht. Wenn sich die pandemische Entwicklung nicht verschlechtere, sollen sich wieder fünf Personen aus zwei Haushalten treffen dürfen, sagte er bei der Präsentation eines Vier-Stufenplans der Landesregierung. Kinder bis 14 Jahren werden dabei nicht dazugerechnet.
- Die erste Stufe des Plans sieht den Angaben zufolge zudem die Öffnung von Freizeit- und Kultureinrichtungen unter freiem Himmel vor. Das betrifft etwa den Besuch von Zoos und Freilichtmuseen. Das Einkaufen soll in allen Geschäften im Land mit einer vorherigen Terminvereinbarung unter strengen Hygieneregeln möglich gemacht werden.
- Die zweite Stufe des Perspektivplans sieht demnach weitere Lockerungen vor Ostern und in einer dritten Stufe nach den Osterferien vor.
- Für Mai ist nach Angaben der Landesregierung Stufe vier vorgesehen. Möglicherweise ab Juni wird die schrittweise Rücknahme der verbliebenen Einschränkungen in Aussicht gestellt.
Auf allen Sportanlagen in Hessen soll nach dem Plan dann wieder mit diesen Kontaktregeln Sport betrieben werden können. Amateursport für Kinder und Erwachsene sei jedoch wegen der noch immer unübersichtlichen Situation mit den ansteckenderen Varianten des Coronavirus nicht wieder möglich. Schwimmbäder bleiben nach Angaben des Regierungschefs weiter geschlossen. Der Besuch von Fitnessstudios soll mit Einzelterminen erlaubt werden.
Bouffier betonte, es handle sich um einen Plan, nicht um einen Beschluss. Die Lockerung der Corona-Regeln in Hessen hänge nicht nur von den Inzidenzwerten ab. Es gehe auch um die Situation in den Kliniken, die Zahl der täglichen Neuinfektionen, den Impfstatus sowie die Kontaktnachverfolgung. Entscheidend sei daher, dass sich die Bürger weiter an die Corona-Regeln hielten und vorsichtig und besonnen blieben.
Die konkreten Maßnahmen in Hessen sollen erst nach dem Bund-Länder-Treffen in der kommenden Woche beschlossen werden. Die Beratungen der Ministerpräsidenten mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sind für nächsten Mittwoch geplant. Vor dem Treffen zeichnen sich schwierige Diskussionen ab. Der Wunsch nach Lockerungen steht der Angst vor einer massiven dritten Pandemiewelle gegenüber. Rund die Hälfte der Menschen in Deutschland wünscht sich indes, dass die Corona-Regeln gelockert werden.