Und so fehlte nach Abpfiff auch die ganz große Euphorie, die grenzenlose Emotion wie noch im August nach dem Finalsieg gegen Paris St. Germain. Das Entrückte, das Losgelöste. Im Vergleich zur damaligen Nacht von Lissabon wirkte es bei aller Freude auf dem Rasen des Education City Stadium am Stadtrand von Doha dann doch vergleichsweise reduziert. Man sang den Standard-Evergreen von den »Campeones, Campeones«, reichte den Pokal reihum, zwischendrin rekonstruierten Robert Lewandowski und Leroy Sané eher nüchtern einige Spielszenen und schienen sich dabei zu individuellen Optimierungsoptionen auszutauschen.
Viel Zeit zum Feiern blieb eigentlich auch gar nicht. Und auch das passte zu dieser sich merkwürdig anfühlenden Veranstaltung. Früher endeten große Triumphe in ausufernden Gelagen schlafloser Nächte. An diesem Donnerstag in Doha hingegen sputete sich der Tross des FC Bayern zum hurtigen Aufbruch in Richtung Flughafen. Immerhin konnte diesmal keine Flugsicherung mit einem Startverbot dazwischenfunken, am Hamad International Airport gibt es kein Nachtflugverbot.
Müde und erschöpft widmete Hansi Flick den Titel noch all denjenigen, die nicht dabei sein konnten. Boateng, Müller, Leon Goretzka und Javi Martínez. Am Ende nannte Flick auch noch verletzte Spieler wie Tanguy Nianzou und Malik Tillman, seine größte Befürchtung schien es, einen Spieler zu vergessen. Flick wurde schließlich auch noch auf seine phänomenale Bilanz angesprochen, dass er in seinen 15 Monaten als Cheftrainer mehr Titel einsteckte (sechs) als Pflichtspielniederlagen (fünf). Aber auch da entgegnete er trocken, dass das auf Dauer nicht zu halten sei und sicher auch noch mehr Niederlagen kämen. Es war nicht der Abend für überschwängliche Begeisterung. Weshalb Flick als Fazit des sechsten Triumphs, des Sixtuples, Sixpacks oder wie auch immer resümierte: »Das hier ist nun abgehakt.«
Einmal Geschichte geschrieben. Punkt, fertig, Ende. Und ab nach Hause.
Manchmal war es auch beim FC Bayern so, dass man nach einem großen Triumph erst einmal in ein Loch fiel, dass die Motivation für anstehende Pflichtaufgaben fehlte. Am Donnerstag schien es, als freuten sich Flick wie auch seine Spieler auf daheim. Auf zwei trainingsfreie Tage. Vor allem aber auch auf die Rückkehr in den Liga-Alltag, auf das Montagabendspiel des 21. Spieltags vier Tage später. Wenn es nicht mehr gegen einen Champions-League-Sieger aus Afrika oder Mittelamerika geht, sondern gegen einen Tabellensechzehnten aus Ostwestfalen.
Endlich wieder Bundesliga. Endlich wieder Bielefeld. Vielleicht endlich mal wieder einen unbeschwerten Sieg. Nur keine schlechten Nachrichten mehr. Davon hatten die Münchner vergangene Woche genug.
QUELLE