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Clubhouse ist die App der Stunde – und Mark Zuckerberg wirft die Klon-Maschine an

Mit ihrer Mischung aus Talkshow, Podcast und Treffen unter Freunden zielt Clubhouse perfekt auf das aktuelle Bedürfnis vieler Menschen nach Austausch und Gesprächen. Kein Wunder, dass die Nutzerzahlen stetig nach oben gehen. Und das, obwohl die App nur auf iPhones verfügbar ist und man nur per Einladung Zutritt bekommt. Das Konzept könnte aber bald woanders für die Massen seine Türen öffnen: bei Facebook.

Der Social-Media-Gigant arbeitet unter Hochdruck daran, das Audio-Netzwerk zu kopieren. Das bestätigten zwei Facebook-Insider der “New York Times”. Die Initiative ginge von Gründer und CEO Mark Zuckerberg selber aus, nachdem der Interesse an den Möglichkeiten der Audio-Kommunikation gezeigt hatte. Tatsächlich war Zuckerberg am Sonntag selbst spontan in einem Raum des Netzwerkes aufgetaucht.

Zwischen Talkshow, Podcast und Freundesrunde

Das Erfolgsrezept von Clubhouse ist im Prinzip sehr schnell erklärt: Auf einer Art digitaler Bühne können sich Sprecher austauschen, das Publikum kann nur zuhören. Wer möchte, kann sich allerdings per Handzeichen zu Wort melden und dann unkompliziert zum Sprecher gemacht werden. So entsteht je nach Thema und Anzahl der Sprecher eine Art interaktive Talkshow oder eine spannende Gesprächsrunde auf Augenhöhe. Dass sich auch viele Promis wie Joko Winterscheidt oder Dunja Hayali, berüchtigte Internet-Größen wie Kim Dotcom und Unternehmer wie Elon Musk in dem Netzwerk herumtreiben, macht den Hype perfekt.

Kein Wunder, dass auch Facebook sein Stück vom Kuchen will. Offiziell will der Konzern die Pläne zwar nicht bestätigen, man habe aber jahrelange Erfahrung in der Vernetzung der Menschen durch Audio und Video und probiere immer neue Formate aus, erklärte eine Sprecherin der Zeitung. Dem Bericht zufolge ist die Entwicklung noch in einem sehr frühen Stadium. Das dürfte aber auch daran liegen, dass die eigentlich bereits zwei Jahre alte App erst in den letzten Wochen massiv durch die Decke gegangen ist.

Kopieren statt bekämpfen

Es wäre nicht das erste Mal, dass Facebook den Erfolg eines potenziellen Konkurrenten zu kopieren versucht. Immer wieder lässt Zuckerbergs Konzern vor allem bei jungen Menschen beliebte potenzielle Konkurrenten nachbauen. Instagram und Whatsapp gelten zwar als beste Einkäufe des Unternehmens. Bei den Klonversuchen ist das Ergebnis allerdings durchmischt.

Nachdem man etwa beim Kaufversuch von Snapchat auf Granit biss, versuchte man zunächst die App mit dem Klon Slingshot zu imitieren, der Erfolg blieb allerdings aus. Erst der zweite Anlauf, als die Story-Funktion Snapchats erst bei Instagram und dann auch bei Facebook und Whatsapp auftauchte, brachte schließlich den Durchbruch. Das geht nicht immer auf: Die von Tiktok kopierte Reels-Funktion wird von Facebook zwar aggressiv beworben, der Beliebtheit von Tiktok hat das allerdings noch keinen Abbruch getan.

Noch ist der Erfolg nicht sicher

Für Clubhouse dürfte die Meldung den Druck erheblich erhöhen. Die App hat längst nicht das Niveau von Tiktok erreicht, knapp zwei Millionen aktive Nutzer habe man etwa pro Woche, erklärte das Unternehmen vor kurzem. Das liegt sicher auch an der technischen Beschränkungen. Für Android, weltweit immerhin das mit Abstand beliebteste mobile Betriebssystem, hat man Mangels Entwicklern bisher keine Version der App anbieten können. Und obwohl der Ansturm zusätzlich durch ein Einladungssystem gebremst wird, ächzten die Server schon mehrfach so sehr unter den vielen Nutzern, dass es zu kleineren Ausfällen kam.

Die Ankündigung Facebooks dürfte deshalb eine Zitterpartie für die Clubhouse-Betreiber bedeuten. Sollte Facebook die Funktionalität in eine seiner von Milliarden Nutzern installierten Apps bringen, bevor Clubhouse sein Momentum ausspielt, kann es gut sein, dass die Masse der Leute lieber die Facebook-Variante nutzt, statt eine weitere App auf das Smartphone zu holen. Andererseits kann die Massen-App Facebook das Gefühl der Exklusivität und der daraus resultierenden Intimität der Gespräche , die aktuell den Reiz von Clubhouse ausmachen, kaum imitieren.

Währung Aufmerksamkeit

Für Facebook liegt das Interesse an der App auf der Hand. Die größte Währung des Unternehmens ist die Aufmerksamkeit, die Menschen seinen Apps und damit der darin ausgespielten, zielgerichteten Werbung widmen. Je mehr Zeit eine Person in einer von Facebooks Apps verbringt, desto mehr Gelegenheiten hat man, ihr Werbung zu zeigen. Hinzu kommen die wertvollen Daten: Wer mit wem wie lange in einem Gespräch verweilt, ist für Facebook hochinteressant. Mehr über die Macht der Metadaten erfahren Sie hier. Zusätzlich gibt es noch den Inhalt der Gespräche: Längst lässt sich Gesprochenes live von Computern auswerten. Und dann passende Werbung anzeigen. Zudem ließen sich natürlich einzelne Gespräche wie Sponsored Posts hervorheben, um gegen Geld ihre Sichtbarkeit zu erhöhen.

Damit hätte Facebook schon vor dem Start eines der Elemente, die Clubhouse selbst noch fehlen: ein plausibles Geschäftsmodell. Die noch im Betastadium befindliche App ist kostenlos, Werbung gibt es keine. Bisher will Clubhouse vor allem über Abogebühren Geld verdienen, die Zuhörer den Content-Anbietern zahlen, und von denen dann ein kleiner Teil an Clubhouse geht. Ob sich das angesichts der aktuellen Bewertung von knapp einer Milliarde Dollar auch auf Dauer vor den Investoren rechtfertigen lässt, muss sich zeigen. Sollte Clubhouse die Auswertung der Daten planen, wäre der Zeitpunkt dazu schlecht. Schon gleich zu Anfang wurde die Firma wegen ihrer undurchsichtigen Umgang mit dem Adressbuch der Nutzer kritisiert. Zudem will Apple es Apps demnächst deutlich schwerer machen, die Daten der Nutzer auszuwerten.

Die Situation zeigt die Gefahr für kleinere Apps, die mit einem einfachen Konzept zu schnell auf dem Radar der großen landen, ohne die Gelegenheit zu haben, ihr Alleinstellungsmerkmal zum Aufbau einer eigenen Community zu nutzen. Als etwa die App Periscope Anfang 2015 die Möglichkeit zur Liveübertragung auf jedes Smartphone brachte, war der Hype riesig. Doch selbst, dass Twitter den Dienst schnell kaufte und in das eigene Netzwerk einbaute, konnte ihn nicht retten. Livestreaming war schnell in jedem größeren Netzwerk wie Facebook oder Youtube verfügbar, die Menschen streamten einfach bei den Diensten, die sie ohnehin nutzen. Im März wird Periscope endgültig der Stecker gezogen.

QUELLE

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