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Ermutigende Ergebnisse: Plitidepsin hilft gegen COVID-19

Von der seltenen marinen Seescheide Aplidium albicans, die nur in den Gewässern rund um Ibiza zu finden ist, über ein gescheitertes Krebsmittel hin zu einer potenziellen COVID-19-Therapie: Das Medikament Aplidin der spanischen Firma PharmaMar hat eine beachtliche Reise hinter sich – die hoffentlich ein gutes Ende nimmt.

Vielversprechende Ergebnisse wurden  nun im Science Magazine veröffentlicht. Demnach soll sich das Medikament als 27,5-mal wirksamer gegen SARS-CoV-2 als Remdesivir erwiesen haben.

Gescheitert als Krebsmedikament…

Ursprünglich wurde Aplidin mit dem Wirkstoff Plitidepsin in Kombination mit Dexamethason gegen Multiples Myelom, eine Form von Knochenmarkkrebs, entwickelt.

Der Wirkstoff wird aus der Seescheide Aplidium albicans extrahiert. Die Meerestiere (s. Artikelbild) sehen wie Pflanzen aus, haben röhrenförmige Öffnungen, mit denen sie Wasser ansaugen und ausstoßen. Dem Naturstoff Aplidin werden antivirale, tumor- und immunsuppressive Wirkungen nachgesagt.

In Australien und Südostasien ist Aplidin als Krebsmedikament auch zugelassen. Die Europäische Arzneimittelagentur EMA hat den Zulassungsantrag allerdings gleich zweimal abgelehnt – im Dezember 2017 und im März 2018.

Grund für die Entscheidung war, dass die Ergebnisse zum Überleben der Myelom-Patienten durch Plitidepsin die EU-Zulassungsbehörde nicht überzeugten. Der Nutzen von Aplidin würde die Risiken nicht überwiegen. Denn es traten schwere Nebenwirkungen auf – häufiger mit der Kombination von Aplidin und Dexamethason als mit Dexamethason allein.

… dennoch vielversprechend gegen COVID-19

Doch bereits seit Beginn der Pandemie ist Plitidepsin wieder im Gespräch. Stichwort: Medikamentenrepositionierung. Dass Medikamente, die für einen bestimmten Zweck gedacht waren, später oder in Kombination mit anderen Wirkstoffen, eine andere, unerwartete Wirkung zeigen, ist nicht neu. Auch andere Medikamente werden auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich COVID-19 geprüft.

Bereits im März 2020 gab es positive Ergebnisse in der Phase-1-Studie, es folgten bestätigende Daten aus Südkorea im Juli.

Zumindest unter Laborbedingungen ist die Wirksamkeit gegen SARS-CoV-2 bislang ermutigend, dies bestätigt nun auch der Artikel im Science Magazine, der sich nach Prüfung von Testergebnissen dafür ausspricht, die klinischen Tests auszuweiten.

Die Tests wurden im Labor und an Mäusen von einem Forscherteam in New York, San Francisco und Paris durchgeführt. Sie zeigten, dass Aplidin (Plitidepsin) die Viruslast in den Lungen der Tiere um 99 Prozent senkt, heißt es.

“Wenn wir Tiere infiziert haben und sie mit der adäquaten Dosis von Plitidepsin behandelt haben, kam es zu einer außergewöhnlichen Reduzierung der Viruslast”, so Pablo Aviles, Leiter der nicht-klinischen Toxikologie und Pharmakologie bei PharmaMar, gegenüber Reuters.

“Es ist so als ob das Virus in der infizierten Zelle einen Fotokopierer benutzen müsste, um sich selbst zu kopieren und neue Partikel zu erzeugen – und Plitidepsin blockiert den Fotokopierer, sodass sich das Virus nicht vermehren kann”, fügt Aviles hinzu.

Das Medikament blockiert ein mit dem COVID-19-Virus assoziiertes Protein (eEF1A). Dabei zielt Plitidepsin nicht auf ein Protein im Virus – wie viele andere Medikamente -, sondern auf ein Protein in den Zellen der Patienten. Das bedeutet, wenn sich das Medikament beim Menschen bewährt, könnte das Virus nicht einfach durch Mutation resistent werden.

Was ist mit den Nebenwirkungen?

Auch die Toxizität des Medikaments sei gut bekannt, und die in den COVID-19-Studien verwendeten Dosen sind nach Angaben des Unternehmens beim Menschen gut verträglich.

PharmaMar sagt, sie seien in Gesprächen mit verschiedenen Zulassungsbehörden – die am weitesten fortgeschrittenen sind die mit den spanischen und britischen Aufsichtsbehörden, um Phase-III-Studien zu starten, in denen das Medikament auf Sicherheit und Wirksamkeit in einer großen Gruppe von menschlichen Probanden getestet werden soll.

Derzeit wird entschieden, wie viele Teilnehmer in die Studie aufgenommen werden sollen.

“Zunächst zielen wir nicht auf Intensivpatienten ab, sondern auf Patienten, die im Krankenhaus behandelt werden. Die Ärzte arbeiten mit uns zusammen, um die verschiedenen Phasen zu identifizieren, die ein kranker Mensch durchläuft, und um festzustellen, auf welche man sich idealerweise konzentrieren sollte, um die besten Ergebnisse mit Plitidepsin zu erzielen”, so Aviles.

QUELLE

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